Wir fangen bei uns selber an

Unser Leben an Bord wird immer nachhaltiger und das macht mich im wahrsten Sinn froh. Genau genommen macht es sogar riesigen Spass. Es ist gar nicht so kompliziert wie ich dachte! Hier unsere Erfahrungen nach etwa einem Jahr.

Wäsche: Dass ich unsere Wäsche mit Naturseife und Bicarbonat wasche habe ich ja schon mal beschrieben. Ich bleibe dabei; es klappt wunderbar, ist einfach und günstig.
Die Wäsche ist sauber, nimmt keinen Schaden und nichts ist eingelaufen seither. Ich fühle mich auch nicht mehr allein; mehr und mehr Bekannte outen sich als Naturseifenfreaks. Da treiben sich offenbar nicht wenige Fundis herum.

Bad und Body: Meinen mit Bicarbonat und Apfelessig gepflegten Haaren geht es prächtig und auch da werden sich meine Gewohnheiten wohl nicht so schnell ändern. Mein Mann rasiert sich seit 6 Monaten, erst skeptisch, dann mehr und mehr begeistert mit einer „neu-alten“ Rasierseife (Déjà-vu aus Grossvaters Zeiten!) und dem entsprechenden Rasierer mit normalen Rasierklingen (ich wage mich sogar auch dran um ab und an ein paar störende Haare zu entfernen). Bis heute ist noch kein Blut geflossen. Der Waschtisch ist jetzt nicht mehr ständig Palmolive-schmierig, juhuuu, und Ehemanns Haut glatt und geschmeidig wie ein Babypo! Unsere Bambuszahnbürsten mit alternativer Zahnpasta, also eigentlich eher ein Zahn“stein“ als Paste, begeistert selbst meinen Zahnarzt. Ich würde meine Zähne perfekt pflegen, meinte er bei der letzten Kontrolle, war aber dann einen Moment sprachlos als ich ihm mitteilte womit ich sie pflege. Diese Zahnpflegeprodukte schäumen nicht, sehen nach nichts aus, sind aber sehr, sehr ergiebig. Ich liebe dieses neue, richtig saubere Gefühl nach dem Putzen. Dies, obwohl man kaum was vom Produkt auf die Bürste aufnehmen kann.
Nachdem ich eine Sendung auf You Tube gesehen habe, was alles in der Standard-Kosmetika drin ist und was diese hormonbelasteten Stoffe mit uns anstellen, war ich erst ziemlich schockiert, habe dann meine paar Tuben in die Verbrennung gegeben und bin kurz davor, die Mixtürchen selbst herzustellen. Als ersten Schritt habe ich in einem Zero Waste-Shop Hautpflegemittel bestellt, die ich ganz gut auch essen könnte. Es geht mir sehr gut damit. Um mich abzuschminken, tuts ein bisschen Trockenöl (dazu habe ich eine Ölmischung mit Argan und Aloe) und runde Pads, die ein Vorleben als T-Shirt hatten. Nähen nicht nötig! Die üblichen Deos, Duschgels, Crèmen haben wir aufgebraucht und sind ersetzt worden mit ein paar wenigen, festen Produkten. Auch hier ‚zero waste‘, natürlich und ohne Duftstoffe. Wir sehen zwar nicht jünger aus als vorher, aber auch nicht älter! Wir riechen nicht, sind nicht schmutzig und man sieht es uns nicht an, dass wir solche Freaks geworden sind.

Küche und Kochen: In der Küche hat sich einiges getan in den letzten Monaten. Der ganze Vorrat liegt jetzt in schönen Glasbehältern, welche ich entweder von gekauften Nahrungsmittel zurückbehalte oder für wenig Geld in einer Glasfabrik bestellt habe (Boboco), dank der Mithilfe eines Freundes in der Schweiz habe ich jetzt einen ganzen Vorrat an tollen schwarzen und mit Kreidestift zu beschreibenden Etiketten! Plastik in der Küche muss ich bei uns langsam suchen. Die Plastik-Behälter und Dosen habe ich verschenkt, ich konnte sie schon lange nicht mehr leiden. Fett und Spuren von Curry&Co. liessen sich eh nie gut auswaschen. Da lobe ich meine neuen Inox-Behälter. Die sehen schick aus und können direkt in den Ofen zum Erwärmen (nein, ein Mikrowellengerät hatte ich noch nie), und sauber sind die im Handumdrehen. Die Wachstücher und das Wachspapier, welche die Wrap-Folien ersetzen, funktionieren bestens und ich fluche nie mehr, weil ich mit der doofen Folie nicht klar kam. Sie klebte an allem bloss nicht auf dem Zielobjekt, wenn ich sie überhaupt mal von der Rolle abreissen konnte! Erstaunlicherweise, und da war ich wirklich skeptisch – sind die Wachstücher hygienisch, obwohl wir sie bloss kalt waschen können, sonst ist das Wachs gleich weg. Die Lebensmittel bleiben sehr lange frisch, laufen nicht an (z.B. Käse) und nichts riecht nach Wachs. Abwaschbürste und Schwamm aus Kunststoff haben bei uns nichts mehr zu suchen. Dafür nahmen zwei verschieden harte Grossmutter-Bürsten und aus grober Faser gehäkelte Pfannenlappen aus einer harten Pflanzenfaser ihren Dienst auf. Die Bürstenköpfe kann man ersetzen. Hab’ich alles auf einem (französischen) Zero Waste Onlineshop bestellt. Funktioniert alles wunderbar, wenn nicht gar besser. Aus einem alten Baumwoll-Sweatshirt habe ich Abwaschlappen gemacht, die wirken wie ein Mikrofasertuch und funktionieren toll ohne ständig Kunststofffasern abzugeben, welche niemand mehr aus unserem Trinkwasser entfernen kann. Im Putzschrank stehen mittlerweile bloss Bicarbonat, Putzessig, Alkohol und Naturseife in mehreren Qualitäten. Genügt absolut, selbst das Geschirrwaschmittel mixe ich selbst. Keine unverständlichen Zusatzstoffe drin und die Mixturen waschen, putzen und reinigen trotzdem, und schlecht werden sie auch nicht, man muss bloss etwas schütteln vor Gebrauch. Möchte ich, dass es nicht nur sauber ist, sondern auch sauber riecht, mische ich ein paar Tropfen Zitronen-Essenz bei, et voilà, c’est parfait!

Einkaufen: Die Supermärkte hier in Frankreich bauen ihr Alternativsortiment aus, allerdings muss man – wiederum – die Etiketten genau lesen: Palmöl und viele Zusatzmittel schleichen sich auch da ein. Was ‚grün‘ aussieht muss nicht grün sein! Nix gelernt, eh? Mit dem Offenverkauf von Lebensmitteln, ausser vielleicht dem Gemüse,   tun sich die Läden allerdings noch schwer. Es gibt aber einzelne Marktstände mit Offenverkauf. In den Läden Verpackungen soweit das Auge reicht. Das ärgert mich ganz besonders, wenn es sich um Bio und vegetarische Produkte handelt! Ich bin jedoch überzeugt, das ist bloss eine Frage der Zeit. Eine Supermarktkette hier hat sich neu dazu verpflichtet, kurzfristig 100 problematische Zusatzstoffe aus dem Angebot zu bannen. Hundert! Ich frage mich, wie viele es insgesamt sein müssen; diese hundert sind wohl bloss ein Klacks. Ein bescheidener Anfang, aber in die richtige Richtung.

Deko: Das viele alternative Zeugs in Bad und Küche macht sich gar nicht so schlecht. Ich finde die Glas-, Porzellan- und Holzartikel, die Blech- oder Inox- Döschen sehr attraktiv. überall sieht es ohne all die bunten Plastikflaschen und -Behälter definitiv besser aus. Und viel mehr Platz haben wir auch!

Negative Erfahrungen: Einzig mit einer neuen Gesichtsbürste hatte ich zu Beginn etwas Mühe: Sie roch gar arg nach Stall (Pony oder doch eher Wildsau?). Mittlerweile habe ich sie ein paar Mal tüchtig gewaschen. Sie riecht jetzt nach nichts und befreit die Haut sanft von abgestorbenen Hautschuppen.

Budget: Trotz den vielen Neuanschaffungen ist unser Budget nicht strapaziert worden; wir befinden uns immer noch in einem historischen Tief. Ich verstehe es immer noch nicht genau weshalb, habe ich doch meistens das Gefühl teurer einzukaufen. Aber vielleicht macht sich vor Allem der Verzicht auf praktisch sämtliche Fertig- und Halbfertigprodukte derart bemerkbar! Einzig Blätterteig traue ich mir nicht zu; man muss ja nicht gleich übertreiben, gell!

Entwöhnung: Mein Mann, ein lebenslanges Schleckmaul, der bisher Zuckerzeugs so richtig verschlang, ist erstaunlicherweise der vielen Plätzchen, Bisquits und Kuchens so ziemlich entwöhnt! Seit wir alles selber backen, langt er viel seltener zu und er schwört, es sei nicht wegen des Geschmacks. Vielmehr vermutet er süchtig machende Zusatzstoffe in den industriellen Backwaren! Auf jeden Fall ist sein Konsum dramatisch gesunken! Gesünder ist es gleich doppelt.
Erstaunlich ist, wie sehr sich Körper und Geruchsinn daran gewöhnen, viel weniger mit stark Verarbeitetem und Beduftetem bombardiert zu werden. Normales Waschmittel rieche ich jetzt in Distanz von mehreren Metern an frisch gewaschenen Kleidern von Passanten! Bestgewohntes riecht oder schmeckt auf einmal komisch, etwa nach ranzigem Fett, unerträglich süss, salzig oder irgendwie künstlich. Oder dann wieder so intensiv, dass mir fast übel wird.

Ich frage mich, ob das allen so geht die sich mehr und mehr von industriellen Produkten lossagen. Wie ergeht es euch damit?

Autor: suzyintheflow

Of Swiss origin, living in France on a houseboat with husband and two dogs. Intends to travel all over the navigable waterways of Europe in the years to come. No specific plans but open to any adventure and curious about the people and the places waiting to be met!

Ein Gedanke zu „Wir fangen bei uns selber an“

  1. Das sind super Tipps! Ich habe schon oft dran gedacht, dass du mich auf die Idee gebracht hast, mit Natron zu putzen, sich die Haare zu waschen usw. Nun möchte ich mich auch ans Waschmittel wagen. 🙂 Spülglanz für die Abwaschmaschine hab ich auch schon selber gemischt. 🙂 Putzt Claude die Zähne noch mit dem Zahnarztrezept mit Natron? 😀
    äs liebs Grüessli

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