Ein Lob auf die Freundlichkeit

Bonjour! Merci! Bonne promenade! C’est votre bateau? Vous venez d’où? Vous allez où…..?

Die Offenheit und die Freundlichkeit der Menschen variiert stark von Ort zu Ort. Das merken wir, die seit Jahren regelmässig alle paar Tage „umziehen“ ganz deutlich. Jedes Mal, wenn wir in ein neues Dorf, in eine neue Stadt kommen, wo die Leute einem fröhlich und unbefangen begegnen, freuen wir uns auf viele entspannte Begegnungen, angefangen beim freundlichen Grüssen, beim Bedanken von Passanten oder Radfahrern, weil wir die Hunde beiseite genommen haben, bei kurzem Stehenbleiben und ein paar Worte wechseln.

Meistens sind das keine Einzelfälle, sondern quasi Lokalkultur. Die offenherzige Freundlichkeit setzt sich fort im Supermarkt, im Kontakt mit irgendwelchen Beamten, Ärzten, im Restaurant und auf der Post. Wir blühen dann jeweils richtig auf und fühlen uns so ….. aufgehoben und willkommen.

Auf der anderen Seite geschieht es fast eben so oft, dass wir in verschlossene Gesichter blicken, Menschen kreuzen, die nicht mal Augenkontakt aufnehmen, geschweige denn, dass wir ein freundliches Lächeln erhalten. Da fragen wir uns schon, wie sich jemand in seiner Haut fühlen muss, der abgelöst von seiner Umwelt dahinlebt. Was kostet es mich, mit jemandem der mich kreuzt kurz Augenkontakt herzustellen, zuzunicken, ein Lächeln und ein Grusswort zu schenken?

Ist Freundlichkeit eine Sache des Willens? Ist sie ansteckend?

Ich denke ja. Es ist durchaus möglich, sich bewusst freundlich zu verhalten. Nett sein, ist nicht eine Schwäche, sondern bereichert das eigene Leben und auch das der Mitmenschen. Es kann vorkommen, dass etwas Grummeliges zurückkommt, aber seien wir ehrlich, das ist ja nicht das Problem derjenigen die freundlich und wohlwollend sind!

Es gibt Ortschaften, da kommen Einheimische vorbei für eine nette Unterhaltung, setzen sich auf eine Parkbank und plaudern mit uns, geben uns Tipps und Informationen über das Dorf, sagen uns wo wir einkaufen können und klären uns über die Öffnungszeiten auf.

Wir legen aber auch in Orten an, in denen kennt uns der Bäcker auch nach einer Woche immer noch nicht, die Menschen, die jeden einzelnen Tag am Boot vorbei spazieren, verziehen keine Miene wenn sie uns sehen, und dem Fischer, der 50cm neben unserem Boot jeden Abend seine Leine auswirft, käme es nie in den Sinn, auch mal zu grüssen. What? Was ist mit solchen Leuten los? Allein auf der Welt? Brauche niemandem, Punkt. Hä? Lebt es sich so besser?

Ich habe hier mal geschrieben, wir betrachten uns als kontaktfreudige Introvertierte und ich glaube immer noch, das kommt in etwa hin. Wir beide brauchen nicht täglich Party, aber wir sind gerne nett und einem Schwatz nicht abgeneigt. Es fällt uns schwer, neben einem Boot zu liegen, deren Besatzung aus und ein geht, ohne jemals rechts oder links zu schauen. Ich fühle mich unwohl, auf einem Spaziergang jemanden zu kreuzen, der mir nicht mindestens zunickt, und ich ärgere mich über Radfahrer, die in unvermindertem Tempo, immer geradeaus schauend, an uns vorbeibrausen ohne zumindest Blickkontakt aufzunehmen. Was ist mit diesen Leuten los? Sind wir durchsichtig, oder sind diese Menschen in einer derart dickwandigen Blase? Fühlt man sich da drinnen wohl?

Ich denke, wir alle brauchen Freundlichkeit. Das Wort ’nett‘ hat so einen seltsamen Beigeschmack erhalten. So wie nette Leute dumm wären oder naiv. Ich weigere mich, das zu akzeptieren, genauso wie ich insistiere Guten Tag, Danke und Auf Wiedersehen zu sagen.

In Frankreich ist es bei Begegnungen, die bewusst stattfinden – und sei es bloss, dass man eine Person, die Regale in einem Supermarkt einräumt, etwas fragen will – angezeigt mit einem Bonjour zu beginnen. Ansonsten riskiert man eine patzige oder gar keine Antwort. Das finde ich super, ein Gruss ist seit der Steinzeit ein „Friedenszeichen“. Wieso fällt das Grüssen denn so vielen Menschen so schwer? Man veschenkt sich so doch nichts, Freundlichkeit ist absolut kostenlos!

Jedesmal, wenn wir in so ein Dorf oder eine Stadt mit so einer generellen, positiven Grundstimmung kommen, sage ich mir: hier würde ich dann einmal wohnen wollen. In den anderen Ortschaften, seien sie noch so malerisch oder schön gelegen: nein danke. Den Grund für diese Unterschiede habe ich noch nicht herausgefunden; die Kriterien scheinen weder Reichtum, gute Infrastruktur oder sonstige Vorzüge eines Ortes zu sein. Vielleicht haben sich die Menschen da einfach dazu entschieden, nett zu sein und gehen so glücklicher durchs Leben?

Es ist ganz einfach: ein Lächeln aufsetzen, nett und freundlich schauen, sich zuvorkommend und anständig benehmen, und gleich ist das Leben und das Miteinander um ein Vielfaches schöner!

Autor: suzyintheflow

Of Swiss origin, living in France on a houseboat with husband and two dogs. Intends to travel all over the navigable waterways of Europe in the years to come. No specific plans but open to any adventure and curious about the people and the places waiting to be met!

Ein Gedanke zu „Ein Lob auf die Freundlichkeit“

  1. Liebe Suzy,
    Das hast Du sehr gut geschrieben. 👍👍
    Auch wir machen die gleiche Erfahrung wie Ihr und können die Reaktionen nicht an etwas Konkretem festmachen. Vielleicht die Größe der Städte bzw Ortschaften.
    LG Sabine

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