Kaum zu glauben; vor 3 Tagen waren wir noch in Joinville, mit einem frisch operierten Hund, und seither sind gefühlt Wochen vergangen. Nach der OP von der Kleinen warteten wir noch einen Tag um zu sehen, wie es ihr geht. Die Testergebnisse erhalten wir ja erst Ende dieser Woche. Wir hatten bereits abgesprochen, dass wir in Kontakt mit der Veterinär-Praxis bleiben werden. Deshalb wollten wir weiter sobald sie wieder fit ist.
Als wir dann am Sonntag starten konnten, passierte uns als allererstes ein blöder Faux-Pas. In Sichtweite der ersten Schleuse legten wir ab, bloss um nach keinen 50 Metern festzustellen, dass die Schleusenampel auf Doppel-rot stand. Keine Ahnung wann die Pannenanzeige aufleuchtete, das muss kurz vor der Wegfahrt geschehen sein, und wir hatten einfach nicht darauf geachtet. Im Rückwärtsgang an die Anlegestelle zu fahren ist nicht gerade was man sich wünscht. Rückwärts steuern kann man nämlich nicht, da nutzt alles kurbeln nichts, es geht einfach geradeaus und zwar so, wie das Boot (und nicht etwa das Ruder) gerade liegt. Der heftige Wind bugsierte uns herum und brachte uns ziemlich ins Schwitzen. Wenden ging nicht, dafür ist der Kanal dort zu eng. Schlussendlich lagen wir wieder an unserem ursprünglichen Platz. Nun kam das grosse Warten. Offenbar waren die Dépanneurs von VNF gerade sehr gefragt. Auf jeden Fall tat sich geschlagene eineinhalb Stunden nichts, bis endlich so ein Typ daher kam, einen Knopf drückte und die Schleuse war „repariert“. Die Ampel sprang sofort auf Rot-Grün, in Vorbereitung, wir konnten nochmals ablegen und unser Etappenziel anpeilen. Hurra!
Der Tag war sonnig und die Temperaturen lagen noch bei frischen 20 Grad, einen kleinen Pulli konnten wir durchaus vertragen, vor allem bei diesem böigem Wind! Trotzdem fühlte es sich toll an. Der Kanal macht hier weite Bögen, ist sehr sauber und rappelvoll mit Wasser. Dies ist das Land der Zugbrücken, oft in Kombination mit Kanalbrücke und Schleuse. Die Steuerung, in diesem Kanal per Remote Control, klappte in der Folge anstandslos. Jetzt, wo wir – nach weit über 100 km in diesem Kanal – herausgefunden haben, dass sich sogar die bassinée, das Absenken oder Heben im Schleusenraum, und nicht bloss die Tore und das Befüllen/Leeren, per Knopfdruck steuern lässt (Asche auf unser Haupt, bislang haben wir diese Funktion stets manuell mit diesen elenden, immer am falschen Ort stehenden Stangen gestartet) geht der ganze Durchgang einfach und Ruck Zuck. Wir sind offensichtlich etwas schwer von Begriff, lernen aber gerne dazu, haha.
Dieser Kanal ist landschaftlich einfach der Hammer. Die vielen Wiesen und Wälder, die verschlafenen Dörfer, die mal sanften, mal etwas steileren Hügel, die auf weiten Weiden pittoresk verteilten Rinder oder Schafe; ganz nach unserem Geschmack. Die bloss durch ein paar Schwellen verbaute und sonst frei und manchmal in mehreren Armen fliessende Marne begleitet uns praktisch den ganzen Weg. Oft hören wir zwar bloss das Rauschen, aber ab und zu erhaschen wir einen Blick durch den Uferwald. Der Kanal ist immer noch sehr klar, hier aber mit etwas mehr Unterwasserbewuchs. Schon jetzt gewöhnen wir uns an, immer schön in der Mitte zu fahren. Wir wissen, weiter unten wird die Algenplage schlimmer. Grosse Fische flitzen hin und her. Einmal sahen wir sogar zwei grosse Fische, wahrscheinlich Welse, um eine Beute kämpfen. Grosse, in dunklem Silber glänzende Leiber balgten sich; huch, die Tiefe lebt und sei es nur in einem Kanal! Nix für mich. Aber baden in den Kanälen ist eh untersagt und, so sagte uns ein VNF-Mitarbeiter, wegen dem Rattenurin nicht ratsam. Hat’s da besondere Krankheitserreger drin?
Unser Wunsch-Anlegeplatz für die nächste Nacht war voll belegt. Er wäre von Distanz und Fahrzeit einfach ideal gewesen. Beim Durchfahren stellten wir jedoch fest, dass die Umgebung eher einem Schrottplatz als einem Park gleicht. Also weiter zu einem etwas freundlicheren Ort. Im Führer fanden wir nicht viele Optionen, liessen es halt drauf ankommen. Nach weiteren 3 Zugbrücken und 2 Schleusen leuchteten 3 hellblau gestrichene Poller aus dem Gras, genau das Richtige für uns! Herrlich. Gleich bei einem Dorf, zwischen Zugbrücke und Schleuse 20 Meter Kai, mitten im Grünen, perfekt. Mit dem liebenswerten Défilée an neugierigen Spaziergängern, Hunden und Radlern hatten wir nicht gerechnet, es war aber nett, lokale und temporäre Bekanntschaften zu machen. Ein VNF-Mitarbeiter kam vorbei, erkundigte sich nach unseren Plänen und versprach für den nächsten Morgen die Schleuse auf die gewünschte Uhrzeit vorzubereiten, Service total!
Als Tüpfelchen auf dem i tauchte gegen Abend auch noch eine Péniche auf, die in einem knappem Meter langsam an uns vorbei dampfte. Wir lieben diese kommerziellen Boote, sie bilden das Rückgrat dieser Kanäle. Leider haben wir das Gefühl, es werden immer weniger. Eigentlich sollten es ja mehr sein, denn diese Transportart ist weit ökologischer als zig LKWs für dieselbe Menge Transportgut!