Die Franzosen sind sehr stolz auf ihre Küche und die französischen Erzeugnisse. SEHR. Das verstehe ich. Es gibt wunderbare und endlos viele Käsesorten, gutes Brot, herzerwärmende Gerichte und vorzügliche Saucen und Desserts.
Gerade deshalb kann ich nicht verstehen, weshalb man dann trotzdem grottenschlecht essen kann. Man würde meinen, dass dieser allgemeine Stolz auf die Küche es nicht erlauben würde, auch nur mittelmässige Qualität auf den Tisch zu bringen. Es ist jedoch gar nicht so selten, dass wir enttäuschende Qualität vorgesetzt erhalten. Das Fleisch ist seltsam faserig und mit Nerven durchzogen, Gemüse ist zu oft bloss Alibi oder gar inexistent, ein Gericht, das auf der Karte so verlockend klingt, wird ohne Hemmungen in seiner Plastik-Cocotte frisch aus der micro-onde serviert. Die Mehrzahl der Bäckereien haben ausgebackene Tiefkühlware in der Auslage oder gehören zu riesigen Ketten, die die fertig gemischten Mehle tonnenweise anliefern. Kein Wunder schmecken die Baguettes im ganzen Land identisch. Offenbar ist das nebensächlich und die Feinschmecker stehen bis auf die Strasse hinaus Schlange um ihre croissants, pains au chocolat oder pains de campagne zu erstehen.
Im Gegenzug sind sich viele nicht zu schade, massiv über andere Küchen herzuziehen und lustvoll wird erzählt, wie schlecht man im Ausland gegessen habe; die Italiener kennen nur Pasta, Pasta, Pasta, in Deutschland gibt es nur Bratkartoffeln und Wurst, die Engländer… nun, unaussprechlich. Dabei wird ein unfeines Vokabular benutzt, das ich hier gar nicht wiederholen möchte. Im Brustton der Überzeugung werden Vergleiche herangezogen, wo ein Vergleichen gar nicht möglich ist, wichtig ist es einfach, die weltbeste Küche zu haben.
Als Seelen-Italienerin fehlen mir seit unserem Umzug nach Frankreich ein umfassendes Angebot an Erzeugnissen aus dem Bel Paese. Natürlich gibt es Pizza und Pastagerichte hier; bloss, auf der Pizza hat es in 9 von 10 Fällen Plastikmozzarella und Emmentaler drauf. Dem Franzosen schmeckt es so. Mir nicht. Dem Wunsch nach sans Emmental kann der Pizzaiolo nicht nachkommen, da die Käsemischung offenbar fix fertig so angeliefert wird. Überall! Als Alternative wird die Pizza blanche, Pizza in bianco, angeboten. Diese liebe ich sehr, aber mit Crème fraîche scheint sie mir nicht viel italienischer als mit Emmentaler. Oje, bin ich jetzt zu puristisch? Nein, denn der Franzose ist es in Bezug auf seine eigene Küche ja auch! Ein Kir mit einem anderen Weissen als einem Burgunder, genauer nur und ausschliesslich einem Aligoté ist KEIN Kir! Das Boeuf Bourguignon mit einem Bordeaux gekocht? Horror, es braucht dazu obligatorisch einen Burgunder. Das respektieren wir; weshalb also die Crème fraïche und Emmentaler auf Pizza?
All diese Facetten bringe ich irgendwie nicht auf eine Reihe. Verteufelung anderer Menschen Traditionen und Geschmack, und überhöhte Wertung der eigenen Leistung. Man kann und muss nicht alles toll finden, und ich finde es durchaus schön, mit Verstand stolz zu sein auf die Leistungen der Heimat. Aber ich werde putze hässig* ob jeglicher Überheblichkeit. Die französische Küche wird nicht besser, nur weil die Anderen herablassend kommentiert werden; etwas Grazie und gutes Benehmen gegenüber Fremden sollte einfach sein. Also hier meine Bitte an die Champions: Selbstbewusstsein ist gut, Bescheidenheit ist edel und etwas Zurückhaltung wäre ehrenwert.
Soviel zu den verschiedenen Befindlichkeiten. Wenn wir nun Italienische Küche möchten, kochen wir selber, und ja, auch Pasta, aber nicht nur! Jedenfalls, wenn wir die Zutaten überhaupt finden. Dazu mehr im nächsten Beitrag.
*putze hässig = stink sauer
Genau, ich habe es nun einige Male mit der französischen Küche versucht. Und konnte mich nicht dafür begeistern. Nachdem ich mich nun seit 10 Jahren vegetarisch ernähre, ist es nur schlimmer geworden. Gemüse ist kaum vor und wenn doch, dann ziemlich verkocht. Wir gehen nur noch zum Italiener in Frankreich. Und haben auch schon einige, bei denen die Pizza wirklich lecker ist. 😉
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Da hast du recht, die Küche ist extrem auf Tierprodukte fixiert (Fleisch, Milch, Eier). Ich mag das auch nicht. Alternativen gibt es in Restaurants schlicht nicht. Gute Pizzen kriegt man schon, sind aber wirklich Glückstreffer. Da wir kaum irgendwo Stammgäste werden können (jetzt schon gar nicht!), versuche ich es schon gar nicht mehr.
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Ich empfand den Bericht sehr informativ. Ich dachte zunächst Frankreich und die Küche sei kulinarische erste Sahne. Nun bin ich eines anderen belehrt worden.
Danke für die Info
Gruß Michael aus Hamburg
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Ich möchte mich jetzt nicht als meinungsbildend sehen, viele werden mir nicht zustimmen können. Die französische Küche hat ganz bestimmt ihren Platz, aber für mich ist der Durchschnitt der Leistungen maßgebend und nicht bloss das High End und da haben wir so einiges erlebt 😉
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Auf Grund eines Themas Essen bin ich dabei schon seit ca. 1 1/2 Wochen dabei alle Berichte und Artikel zu lesen. Damit auch ich zum Thema Essen ein Artikel schreiben kann. Ich denke meine Inspiration wird es zeigen.
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