Es ist doch kaum zu glauben. Schon meinten wir der Sommer sei vorbei und der Herbst nahe, da befinden wir uns wiederum in einer heissen Periode. Für mehr als eine Woche wurden wiederum Temperaturen weit über 30 Grad angesagt.
Ich will einfach nicht mehr! Und ich hasse die paar neckischen Wolken, die über uns rüber ziehen, so als wollten sie sagen: Schau mich an, ich könnte zwar etwas ausregnen – aber ich will nicht! Jedenfalls nicht gerade hier.
Für drei Wochen hatten wir zwar sehr kühle Nächte und Tage, die kaum 20 Grad erreichten. An zwei, drei frühen Morgen sprang sogar die Heizung an. Draussen waren keine 5 Grad mehr und drinnen 15! Diese kühle Pause ist vorbei. Blauer Himmel herrscht, die Bäume sind am verdursten, das Gras ist längst gelb. In den Zeitungen der Haute-Saône und Haute-Marne überschlagen sich die Dürre-Meldungen. Einige Dörfer werden bereits durch Tankwagen mit Trinkwasser versorgt.
Vor ein paar Tagen fuhren wir an einen der Speicherseen. Wir hatten gerade ein Auto zur Verfügung und nutzten die Gelegenheit aus. Der Lac de la Liez ist ein beliebter Ausflugsort, mit Ferienhäusern, Campingplatz und allerlei freizeitlichen Attraktionen. Der auf der Aussenseite grasbewachsene Damm ist nicht sehr hoch und begehbar. Klar hat der See einen niederen Wasserstand, aber es schauen kein Kirchturm oder sonst welche Gebäude raus. Nichts Spektakuläres also. Er ist jedoch wunderschön gelegen, hat tolle, sandige Strände und sieht sehr natürlich aus. Von der Mauer aus hat man eine tolle Sicht auf Langres hinüber. Dieser Stausee gehört zum komplexen System der Kanalspeisung, und zwar auf beiden Seiten des Tunnels de Balesmes. Also, das sollte er eigentlich; die gemauerten Zubringerkanäle sind nämlich wasserlos und knochentrocken!




Als Leistung der Ingenieure des 19. Jahrhunderts ist er ein Wunderwerk. Keine Ahnung wie das Wasser auf die andere Seite des Tunnels gebracht wird, wahrscheinlich durch kilometerlange Stollen. Die Tafel, welche die Funktion des Sees erklärt ist sehr schematisch; wie die Höhenunterschiede bewältigt werden, sieht man nicht gut. So oder so stelle ich mir stets vor, wie der Bau von solchen Bauwerken damals auf die Bewohner des Tals gewirkt haben muss. Da kommen auf einmal diese fremden Leute daher, mit Gerätschaften die man zuvor noch nie gesehen hatte, stapfen in der Landschaft umher und messen und planen. Dann kommt die Invasion der Arbeiter, mit Schaufeln, Pickeln, Ross und Wagen, wahrscheinlich auch Dampfmaschinen, und stellen die Welt auf den Kopf. Der Lauf der Marne, die sich hier in vielen Mäandern zu Tale schlängelte, wird korrigiert und „verbessert“. Besitztum muss neu aufgeteilt und Kosten abgegolten werden. Wahrscheinlich gab es da viele Gewinner dabei, aber nicht nur. Das beschauliche Leben in der Provinz, fernab vom mondänen Paris, muss eine ziemliche Veränderung erlebt haben. Wenigstens bis die Bauphase vorbei war. Danach bekam die Wirtschaft etwas mehr Schwung und die Erwartungen und die Geldgier nahmen wahrscheinlich zu. Ziemlich heftig für ein verschlafenes Tal.
Nun, nach so vielen Jahren des Nutzens dieser Lebensader, des Erhalts und der Pflege dieses gewaltigen Wasserwegsystems schauen wir zu, wie das Interesse an diesem Erbe Frankreichs schwindet, wie das veränderte Wetter seinen brutalen Einfluss nimmt, wie die Natur leidet, die Wirtschaft beeinflusst wird und die Freizeitgestaltung Schaden nimmt, und immer noch juckt es keinen.
An unserem Liegeplatz verlieren die Bäume ihre Blätter, einfach so, ohne jede Herbstfärbung. Leute, es läuft da gewaltig etwas schief! Statt gegen die blöde Maske zu demonstrieren und abstruse Geschichten zu erzählen sollten die Menschen besser die Augen aufmachen um zu sehen, woher die Bedrohungen wirklich kommen.
*seufz* Du hast in allen Punkten leider so recht.
Leider hat man das Gefühl, die Menschheit in ihrer Gesamtheit sei trotz all ihrer kulturellen Errungenschaften, breiten Bildungs- und Informationsmöglichkeiten auf einem bedauernswert frühen geistigen Entwicklungsstand hängengeblieben, der von kindischem Trotz, magischem Denken und Ängsten geprägt wird, die nur „grossmächtige“ und vor allem gegnerhafte Bedrohungen als Gefahren begreifen können, nicht aber sich selbst.
Es ist zum Verzweifeln, dass Hemann Hesses Wort vom „Kindermensch“ noch immer die passendste Beschreibung ist, obwohl mir Kinder offner vorkommen für gut erklärte Vernunft, als ausgereifte und sogar recht gut gebildete Erwachsene.
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Da hast Du wirklich in allem absolut recht. 😞
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