Nun gut, es kann nicht immer alles so toll laufen wie gewünscht, nicht wahr? Damit es auch so richtig schön ist und alles hell und froh ist, muss es eben auch ab und zu eine Durststrecke geben.
Wir befinden uns im Moment etwas sehr im stand by.
Im Winter hatte ich davon geträumt, Ende März unsere Fahrsaison starten zu können. Da noch nicht alles fertig war, was wir in Auftrag gegeben hatte, verlängerten wir auf Mitte April. Jetzt sind wir immer noch da und immer noch ist es ungewiss, wann wir ablegen können.
Die Arbeiten sind zwar fertig, alles tip top. Wir haben bequemere und zudem als Stauraum benutzbare Stufen im Boot, beim Eingang steht jetzt ein Möbel, das für Schuhe, Brillen, die üblichsten kleinen Werkzeuge und das Hundefutter Platz bietet. Auf Deck ist der Steuerblock nun abgesenkt und funktionsfähig und die zwei separaten Bimini machen sich gut (und werden soeben auf Wind-Resistenz geprüft!). Das Boot ist sogar von zuvorderst bis zuhinterst geputzt worden; leider hat es zur Zeit dermassen Pollenflug, dass gleich danach schon wieder alles gelblich erscheint. Putzen ist Sisyphus-Arbeit, auch und gerade auf einem Boot. Das nächste Boot streichen wir vielleicht schmutziggrau.
Der Grund, dass wir noch hier sind liegt jetzt im gesundheitlichen Bereich. Es ist herausgekommen, dass bei der Knieoperation meines Mannes vor 2 Jahren gepfuscht worden ist. Die Prothese sitzt nicht satt am Knochen und es besteht eine Infektion; wahrscheinlich sogar seit der OP. Kein Wunder ist das Knie geschwollen geblieben und schmerzt. Nun haben wir endlich einen Arzt gefunden, der willens war, der Sache wirklich auf den Grund zu gehen, alte Bilder und Befunde anforderte und diverse (nuklearmedizinische) Tests – man frage mich nicht nach deren Namen – hat machen lassen. Mein Mann mietete mehrmals ein Auto, fuhr von Pontius zu Pilatus und wieder zurück, jede Klinik hat da ihre Spezialität, und liess die diversen Untersuchungen über sich ergehen. Nun harren wir des Bescheids. Er weiss schon, dass eine erneute OP ansteht, aber der genaue Befund steht noch aus.
Da warten wir nun, versuchen uns an den kleinen täglichen Dingen zu erfreuen und hoffen, dass es nicht gar so schlimm kommen wird. Diese kleinen Highlights gibt es nämlich tatsächlich: Wir haben seit etwa drei Wochen jede Menge Rauchschwalben, die ums Boot sausen und ab und zu auf die Reling sitzen. Eine Etage höher fliegen 3 Störche welche ich leider noch nie am Boden habe beobachten können. Der grosse Fischreiher, der bloss kamerascheu ist aber sonst ziemlich frech, fliegt dermassen nah am Boot vorbei, dass wir die Federn einzeln erkennen können. Letzthin verführte ihn ein grosser Fisch dazu im Wasser zu landen. Wir sassen draussen und hörten ein heftiges Platschen. Der Reiher lag im Wasser, keine 10 Meter entfernt. Ich glaube, er war auch ein wenig erschrocken. Mit kraftvollen Schlägen seiner Schwingen gelang es ihm wieder aufzusteigen, aber den Fisch liess er Fisch sein. Er stand dann eine lange Zeit am Ufer und putzte sich ausführlich. Die beiden Enten kommen ab und zu noch vorbei, scheinen aber sonst anderweitig beschäftigt zu sein. Seit ein paar Tagen lebt ein Frosch uns gegenüber am Ufer. Gesehen habe ich ihn noch nicht, trotz absuchen des Ufers mit dem Feldstecher. Was mich erstaunt, denn gemäss der Lautstärke seines Gequakes müsste es sich um ein Riesending handeln. Ich müsste ihn also entdecken können. Wir hören ihn auch nachts, seltsamerweise stört uns das nicht gross. Höchstens, weil sein Quaken nicht gerade zum Gesang der Nachtigall passt, die offenbar in einer etwas weiter entfernten Baumgruppe ihr Domizil aufgeschlagen hat. Sie singt scheinbar pausenlos die Nacht hindurch. Wundervoll, aber auch wunderbar laut und lang. Gestern schien mir, ich hätte kurz einen Kuckuck gehört. Wir waren draussen am – ein Berner würde jetzt sagen: aperöle – Aperitif trinken und wir beide horchten gleichzeitig auf: War das eben ein Kuckuck? Das hört man mittlerweile selten, oder nicht? Mal sehen, ob wir uns getäuscht haben. Die Schwanin sitzt immer noch auf ihren Eiern, es kann aber nicht mehr lange dauern bis die Kleinen schlüpfen. Ich fahre oder gehe fast jeden Tag da vorbei. Das Nest ist auf einer kleinen Halbinsel im Fluss, theoretisch gut zugänglich für Mensch und Tier. Offensichtlich wird sie in Ruhe gelassen, aber der Schwanenmann ist auch nie weit und schiebt Wache. Er ist immer noch damit beschäftigt, das letzte Junge vom Vorjahr, das sich noch hier in seinem Revier aufhält, zu vertreiben. Dieses scheint etwas begriffsstutzig zu sein. Offenbar gibt es bei Tieren auch so Exemplare, die einfach nicht ausfliegen wollen!
Kleine Sorgen und kleine Freuden. Teile des Lebens. An uns nun, entweder das halbvolle oder das halbleere Glas zu sehen. Hm.
Wie schön, dass ihr euch trotz allem irgendwie an den kleinen Dingen erfreuen könnt. Irgendwie klingt es paradiesisch, inmitten all dieser Tiere zu leben!
Deinem Mann alles Gute für die bevorstehende OP und vorallem erstmal für den Befund.
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Danke, Lea. Ist doch zum Glück eher das halbvolle Glas, das ich normalerweise sehe 😀.
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