Als Jugendliche bin ich gesegelt. Nicht von der Schule, sondern als Sport. Vielleicht heisst es richtig auch: ich habe gesegelt, dann wäre also alles klar. Mein Segeln war in einem anderen Beitrag bereits einmal kurz ein Thema. Zurückblickend würde ich sagen, abgesehen davon, dass Segeln mir unheimlich Spass gemacht hat, war es auch eine gute Lebensschulung.
Beim Segeln muss man damit auskommen, was die Natur gibt: Wind und Wasser. Es gilt auf kleine Details in Wind, Wetter und Strömungen zu achten. Ohne ein feines Sensorium dafür kann man nicht erfolgreich segeln. Man kommt nicht voran, nicht zum Zielpunkt und landet im schlimmsten Fall im Wasser.
Beim Segeln habe ich gelernt auf kleine Zeichen zu achten. Wir hatten feine Wollfäden an den Wanten, die jederzeit angaben, wohin der Wind weht – oder woher, wie man will. Die Wellen waren nicht einfach Wellen; an ihnen konnte man die ungefähre Windstärke ablesen und die Wasserfarbe und die Kräuselung der Seeoberfläche zeigten an wo es unruhig war, ob sich eine Bö anmeldete oder eine Flaute. Eigentlich genauso wie im richtigen Leben. Voraussicht und das Lesen von kleinen Zeichen ist das halbe Segeln und auch das halbe Leben.
Nicht immer sollte man warten bis die Sturmwarnung angeht und einem signalisiert, dass es jetzt genug ist. Es ist aber ratsam spätestens dann zu reagieren, wie im richtigen Leben.
Ich habe es geliebt im Trapez zu stehen und nur mit einem Draht und der Bootskante unter meinen Füssen mit etwas Festem verbunden zu sein. Der Wind und die aufspritzende Gischt gaben einen kleinen Adrenalinstoss und ein tolles, intensives Lebensgefühl. So kann man sich im richtigen Leben auch ab und an so richtig hinauslehnen, ein sicherer Fuss und eine Notleine kann jedoch nicht schaden.
Der See, auf dem wir segelten, hatte nicht immer einfache Windverhältnisse. Ich glaube mich zu erinnern, dass es berüchtigte Fallwinde gab, die einem Boot ziemlich rasch und, wenn man nicht aufpasste, unvorbereitet in die Segeln fahren konnte. Wie im richtigen Leben, da bläst es einem manchmal auch unvorbereitet und heftig ins Gesicht, wenn man nicht aufpasst.
Ab- und Anlegen war in unserem Fall nicht so einfach, lag unsere Anlegestelle doch talwärts im Fluss. Um rauszufahren mussten wir hundert Meter auf dem Fluss bewältigen bevor wir auf den See gelangten. Ab und an hatten wir da richtige Mühe rauszukommen da wir in engen Verhältnissen kreuzen mussten. Manchmal ging es halt gar nicht und ich stieg am gegenüberliegenden Quai aus und zog das Boot von Hand bis zum See hinauf. Etwas beschämend, wie manchmal im richtigen Leben, aber umgebracht hat es mich nicht.
Das Einfahren am Abend in den winzigen Anlegeplatz war noch schwieriger. Wir mussten aufpassen, dass Fluss und Wind uns nicht zu viel Tempo gaben um die kleine Lücke a) zu treffen und b) nicht in die Mauer zu prallen. Alles eine Frage des Austarierens der Kräfte, wie im richtigen Leben. Da ist manchmal viel eben zu viel oder wenig zu wenig. Alles eine Frage des Gleichgewichts der Kräfte.
Soviel zu der Theorie – jetzt wäre es doch schön wenn ich das im richtigen Leben jederzeit so toll umsetzen könnte wie damals beim Segeln! Ich bleibe dran.
Schöner Vergleich! Ist wahrscheinlich auf die meisten Sportarten übertragbar. Vielleicht ist Sport auch deshalb gesundheitsfördernd, weil man dabei viel übers Leben und den Umgang mit Problemen lernt. Wie sieht es mit dem Hochwasser aktuell bei dir aus? Holz, das unter dem Boot durchpoltert hört sich bestimmt nicht nach Schlaflied an.
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Seit wir am Freitagabend angekommen sind ist das Wasser um mehr als einen Meter zurück. Fehlt nochmals fast ein Meter. Die Klang- und Ruckelpalette wegen dem Schwemmholz ist wirklich gewöhnungsbedürftig 😉 Es kommt immer noch einiges runter!
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