Der Hafen
Hier im Hafen von Auxonne, wo wir den Winter verbringen, sind von den 150 Boots-Plätzen die meisten belegt. Nur die Gästeplätze bei der Einfahrt sind im Winter leer. Viele Boote sind für die kalte Periode stillgelegt, andere jedoch sind bewohnt. Auf einem knappen Dutzend Booten leben hier so um die 20 Personen. Wir alle bilden eine kleine, lockere Gemeinschaft. Der Hafen wird ganzjährig von einem „Capitaine“ betreut, es gibt Strom und Wasser. Der Grossteil hier kommt aus England oder Australien. Überrascht? Waren wir auch. Das ist jedoch keineswegs nur hier in Auxonne so, generell sind in Frankreich sehr viele englischsprachigen „Boatpeople“ anzutreffen!
Die Boote
Wir wohnen alle auf Booten, aber alle Boote sind unterschiedlich, selbst wenn sie vom selben Bootsbauer sind und sogar zu der gleichen Serie gehören. Die Vielfalt ist enorm und mit Booten in St.Tropez haben sie nichts gemein. Kaum eines ist so auf Hochglanz poliert. Hier liegen angefangen von einer kleinen Vedette von 10-12 Meter bis zu 30 Meter langen Péniches. Das macht natürlich neugierig. Ich liebe es, andere Boote zu besuchen. Die Ausstattung ist meist liebevoll, mit Geschmack gewählt und strahlt die Persönlichkeit der Besitzer aus. Bei einigen sammelt sich aber auch so einiges an und jeder Kubik-Dezimeter ist verstellt. Ich bewundere die, welche mit Minimalkomfort zufrieden sind; sie gehen in die „Capitainerie“ zum Duschen und in einen Waschsalon in der Stadt um die Wäsche zu waschen. Wir treffen auf Boote, die mit Kerosin-Öfen beheizt werden (stinkt nach Benzin) andere haben Elektroheizungen oder Zentralheizungen mit Radiatoren. Teils wird in winzigen Kombüsen gekocht oder in gut ausgestatteten Küchen. Für mich allerdings ganz und gar unmöglich wären die im spitzen Bug liegenden sogenannten Trapez-Betten, wo entweder die Köpfe oder die Füsse ganz nah beim andern liegen und es nicht zu vermeiden ist, dass einer immer über den andern steigen muss wenn er raus will.
Die Menschen
Am interessantesten aber sind eindeutig die Menschen hier, ihre Geschichte und Beweggründe auf einem Boot zu leben. Die Menschen, die auf diesen Schiffen leben, sind sehr vielfältig. Vom einfach lebenden Aussteiger bis zu Leuten mit dem nötigen Kleingeld für ein wenig Luxus. Wir haben Paare kennengelernt, die per Zufall auf einem Boot gelandet sind, andere haben das jahrelang geplant und gespart, damit sie sich dieses Leben ab Mitte 50 leisten können. So wie wir sind auch ein paar einfach in so ein Leben „gerutscht“ oder sie haben in jungen Jahren ein Boot gekauft und es nach und nach ausgebaut. Es gibt Bewohner hier, die arbeiten vom Wasser aus als „digital nomades“ oder haben vor Ort einen Job und wohnen anstatt in einem Haus einfach auf einem Schiff. Es gibt auch Boote die als Bed&Breakfast ausgestattet sind. Ich bin erstaunt, was es alles für Möglichkeiten gibt, sich den Lebensunterhalt zu verdienen und trotzdem zu reisen und auf einem Boot zu wohnen. Eigentlich merke ich das jetzt viel zu spät; was uns da alles für Möglichkeiten entgangen sind! Anyway. Die Ansammlung von Individualisten, die sich in der einen oder anderen Art, früher oder später, einen Traum verwirklicht haben, ist beeindruckend und inspirierend. Sie sind zum Teil grosse Risiken eingegangen und haben das vermeintlich sichere Leben gegen ein Leben, das sie sich brennend wünschen, getauscht. Die Menschen sind nicht unbedingt reich an Geld, aber reich an Zufriedenheit. Etwas, das ich in den letzten Jahren Normalo-Leben vermisst habe, und erst hier gemerkt habe was es ist: zufrieden sein mit dem was man hat und es gut sein lassen.
Hoi zämä
Interessant die vielen Beweggründe auf einem Boot zu leben. Find ich extrem spannend. Suzy, ich finde deine Beiträge super und komm immer wieder lesen, wenns die Zeit zulässt. 😉
Liebe Grüsse
Miranda & Co.
Gefällt mirGefällt mir
Danke, freut mich, dass du ab und zu hier bist und ein mir sogar ein so tolles Feedback gibst!
Gefällt mirGefällt mir